Montag, 23. Juli 2012

Leer

Hannes sagte, er sei 'leer'. Dann wieder hat er sich über meine liebe Mail gefreut.
Ja nun ... .
Was bedeutet das für mich?
Ich habe ehrlich gesagt nicht die Kraft für noch einen depressiven Menschen um mich herum, an dem ich mir die Zähne ausbeiße. Wenn ich nicht schaffe, ihn zu 'füllen', dann hat unsere Beziehung keinen Sinn. Ganz einfach. Da kann ich lieben so sehr ich will.
Ich mag um nichts kämpfen, ich mag 'freiwillig' bekommen. Bekommen, ohne dass ich betteln muss. Wenn ich dann nicht bekomme, kann ich immernoch selbst entscheiden.
Stellt sich mir die Frage, was sein wird, wenn Hannes' Nochfrau endlich ausgezogen ist. Ob wir dann endlich mal mit unserer Beziehung anfangen können? Oder ob er mich dann vielleicht gar nicht mehr braucht??? Weil jetzt kann ich ja für ihn da sein. Der ganze Stress, den er hat. Zuhören. Abfangen. Was wohl passiert, wenn der Stress wegfällt?
Weiß grad nicht, wo mir der Kopf steht.

Der Nachmittag mit Fridolin war wunderwunderschön. Eigentlich bin ich zu müde, um zu schreiben, aber das bin ich ihm und uns 'schuldig'. Schuldig am meisten mir selbst, weil ich dafür verantwortlich bin, für mich zu sorgen. Weil ich dafür sorgen muss, dass es mir gut geht. Gut geht es mir, wenn ich die aktuellen Ereignisse geordnet und reflektiert weiß.

Nun denn ... als ich in den Kindergarten kam, habe ich als erstes die Erzieherin nochmal auf die Sache mit dem Psychologen angesprochen. Sie meint, eine Familientherapie sei vielleicht ganz sinnvoll. Sie wird das morgen im Team einbringen, und wenn ich am Mittwoch Sohni-Bringdienst habe, mir Bescheid sagen. Oh, nein. Hm. Mist. Muss mal sehen, wie ich das geregelt bekomme. Am Donnerstag bekommt Fridolin Besuch von einer Kindergartenfreundin, das muss ich übernehmen, dann werden wir 'Dienste' tauschen. Mal sehen, wie wir das regeln.

Jedenfalls ... sie meinte Familientherapie, damit wir lernen, wie wir unsere Situation besser meistern. Irgendwas in mir schreckt davor jedoch zurück. Fred wäre mit einbezogen. Da sträubt sich alles in mir. Fred's gesamte Art. Dass ihm immer Tränen in die Augen schießen. Mitleid mit Fred. Macht mich unsicher. Wenn ich unsicher bin, fange ich wiederum an, alle von mir in sicheren Zeiten getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen. Mich selbst in Frage zu stellen. Aber ich kann doch nicht aus Mitleid mit Fred mich selbst aufgeben. Mit Fred zusammenbleiben. So weitermachen wie bisher. Das geht nicht.

Als ich gekommen bin, hatte Fridolin mit ein paar anderen Kindern gespielt, mich erst gar nicht entdeckt. Also bin ich hoch zu ihm, und habe gefragt, ob wir sein Buttermesser fertig schnitzen wollen. So ist er noch nie geflitzt, um seine Sachen zu holen ... . :-)
Also sind wir auf dem Heimweg beim Baumarkt vorbei. Ich war grade in Stimmung, also habe ich Fridolin aufgetragen, sich das Schmirgelpapier selbst zu organisieren. Er ist los, hat als erstes einen Mann in orange gesucht (und gefunden), und dann gesagt "Entschuldigung, können Sie mir bitte sagen, wo ich das (Mami, wie heißt das nochmal??) ... Schmirgelpapier finde?" Der Mann ist dann mit ihm durch den halben Baumarkt gerannt, hat's ihm gezeigt. Wir haben ein grobes und ein feines Blatt Sandpapier rausgesucht, ich habe Fridolin einen Euro in die Hand gedrückt, und er sollte sich selbst anstellen und bezahlen. In der Zwischenzeit bin ich zum Bäcker, und habe eine Nussschnecke zum Kaffee besorgt. Als ich wiederkam, hat er mir freudestrahlend und stolz wie Oskar sein 'Schnirgelpapier', den Kassenzettel und das Wechselgeld entgegen gestreckt. Ich hatte ihm extra ein Eurostück gegeben, damit er den Rest als Belohnung in seine Sparbüchse stecken kann.

So, dann sind wir nach Hause gefahren, haben im Garten unsere Schnecke gegessen ... schön halbe-halbe ... Fridolin hat sich riesig gefreut über seine 'eine GANZE Hälfte nur für mich alleine!' Und dann saß er da, und hat sein Buttermesser geschmirgelt, und geschnitzt, und sich ein kleines bisschen in den Finger geschnitten. Pflaster drauf und gut. Sohni sagte von sich aus, wie schön unser Haus sei, wenn keiner da ist, der immer motzt und schlechte Stimmung macht! Und Fred solle doch weg bleiben, damit wir unsere Ruhe haben, heute sei ein so schöner Tag. Und noch mehr Sprüche dieser Art, auch gegen Fred's Eltern. Ich pflanze ihm da nichts ein. Ich lasse mir lediglich Fred's Tonfall nicht mehr gefallen, und Gemeinheiten nicht mehr auf mir sitzen, nur damit Friede herrscht. Fridolin sieht die Dinge schon von sich aus 'richtig', fühlt und sagt mir das dann auch.

Zum Abendessen gab's Rest-Aloo Gobi für mich, Käsesandwich und Kirschtomaten für Fridolin. Als wir gerade gegessen hatten, kam Fred nach Hause. Er war ja bei seinen Eltern gewesen, um dort was zu regeln. Fridolin war hundemüde und noch nicht geduscht, deshalb hatte ich Fred gebeten, vielleicht zwischenzeitlich die Blumen zu gießen. Fred's erster Satz war Rumgemotze, dass er UNSERE Blumen gießen müsse, und er hätte doch erst gestern. Ja Fred, alles klar. Lass nur, wir machen es selbst - mit FREUDE. F-R-E-U-D-E!!!! Geh nur zu deinem elendigen Glotzkasten. Es hängt mir einfach nur noch zu den Ohren raus. Keine Ahnung, wie viele Stunden er täglich vor dem Fernseher und abgesehen von der Arbeit, in seiner Freizeit vor dem Laptop verbringt. Selbst Fridolin sagt ihm immer und immer wieder, dass so dermaßen viel fernsehen, wie Fred das tut, schlecht für die Augen ist. Wenn selbst ein 5-jähriges Kind begreift, dass der Papa viel glotzt ... .

Ach ja, Frida (=Omi) hat dann noch angerufen. Fred ging dran, und hielt Fridolin den Hörer hin "Fridolin, Telefon für dich." Das allererste, was Fridolin immer und immer wieder rief, war "Wenn das die Oma [Fred's Mutter] ist, mag ich nicht telefonieren, ich mag nur mit der Omi reden." Wobei er sich da auch gar keine Gedanken machen muss ... die Oma ruft sowieso nicht an, weil sie kein Interesse an ihm haben in Fred's Familie. Das Telefongespräch mit der Omi war dann eher nicht der Brüller, weil Fridolin hundemüde war, und keine Kraft mehr zum Telefonieren hatte. Das wiederum fasste Frida sofort als Affront auf ... "na wir müssen ja auch nicht telefonieren, wenn du nicht willst." Fridolin hatte ja sogar von sich aus gesagt, er sei zu m-ü-d-e zum Telefonieren, aber morgen ginge es ihm besser. Mann ey, fängt sie jetzt auch schon bei Fridolin an mit ihrer verfluchten Gehirnwäsche ...

Vorhin kam dann noch die Buchungsbestätigung für La Gomera ... raus aus diesem Sauhaufen!!!!