Samstag, 30. April 2011

Es

Das ist es, was ich GETAN habe:

Lieber Fred,
Ich möchte nicht mehr über Dinge sprechen, schreiben, diskutieren, die passiert sind. Daran ist nichts mehr zu ändern. Bitte verzeih mir meinen Fehler, dich vereinnahmt zu haben. Ich weiß, dass du nicht glücklich bist. Es macht mich traurig, die so zu sehen. Vergiss‘ mich einfach. Ohne Wut und Verärgerung wünsche ich dir alles Gute, dass du ohne mich immer Glück hast und du immer jemanden hast, der dich liebt, so wie ich es getan habe. Ob es so jemanden gibt, … ?!
Meine Zukunft sieht nicht so rosig aus, und das weißt du. Immer schon habe ich für das Bestmögliche gekämpft. Daran, dass mir trotz der größten Anstrengung nichts wirklich gelingt, trägst du keine Schuld. Kämpfen ohne die Chance, zu gewinnen. Vom vielen Kämpfen bin ich so müde, dass meine Füße mich bis hierher tragen und nicht weiter. Ab hier hoffe ich, dass es dir im Leben besser gehen möge; mit mir hast du nur gelitten, obwohl du eigentlich die größtmögliche Liebe verdienst, die es gibt. Ich bedauere so sehr alle meine Fehler, auch wenn ich mir bewusst bin, dass ich sie niemals werde rückgängig machen können.
Du weißt, dass ich bis zur Selbstaufgabe um dich gekämpft habe, um unsere Liebe, weil ich dich vermisst habe, und dich mehr als jemals zuvor vermisse. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll, damit wenigstens diese ständigen Demütigungen und Verletzungen aufhören. Jeden einzelnen Tag, wenn ich morgens aufwache, muss ich mir bewusst werden, dass wieder ein neuer Tag auf mich wartet, an dem du nicht bei mir bist, an dem ich dich ohne dich leben muss. Ja, auch ich habe mich verändert. Du fehlst mir. Die Welt dreht sich weiter und weiter, aber der Lauf der Dinge fühlt sich schrecklich an.
Wenn du wüsstest, wie viele Nächte ich schlaflos in meinem Bett gelegen bin, und um dich und um uns geweint habe. Kurz bevor ich dann doch eingeschlafen habe, nahm ich mir vor, am nächsten Tag etwas für uns zu machen, setzte das dann in die Tat um … und bekam wieder nur eiskalten Wind ins Gesicht geblasen. Je länger dieses Trauerspiel dauert, desto mehr geht kaputt. Irreparabel. Als du noch bei mir warst, war alles so anders. So viel schöner. Ohne dich zu leben, ist so schwer. Immer in der Hoffnung, dass du doch noch zu mir zurück kommst. Wartend. Mir ist so schrecklich kalt ohne dich, aber ich wüsste nicht, wo ich noch hingehen sollte, um nach dir zu suchen. Warum du von mir weg gegangen bist, von uns, weiß ich nicht. So glücklich könnten wir sein, wärst du bloß nicht von uns weg.
An jedem einzelnen Tag meines Lebens möchte ich alles geben. Alles, was ich habe. Das Beste von mir. Für uns. Für jedes einzelne Ziel habe ich gekämpft, weil ich mich darauf verlassen habe, es wären unsere gemeinsamen Lebensziele gewesen. Bei jedem einzelnen Kampf ist mein Herz ein Stück mehr gebrochen. Aber anstatt endlich endlich den Lohn für meine Mühe genießen zu können, anstatt mit dir gemeinsam das unendlich große Glück zu leben, das uns Schmocks unsterblich gemacht hätte für alle Zeiten, stattdessen ist da … nichts als Schmerz. Schmerz, weil ich deine Leere füllen wollte mit gemeinsamen Zielen. Und dafür bereit war, hart zu arbeiten. Schmerz, weil du dieses Kämpfen nach wie vor nicht erkennst. Im Gegenteil: mich genau deshalb in Frage stellst. Und dabei meine Gefühle mit Füßen trittst. Mich emotional wieder und wieder gegen die Wand fahren lässt. Verantwortung. Ich habe keinen Augenblick gezögert, Verantwortung für dich zu übernehmen, als du dazu nicht mehr in der Lage warst. Dich An-Die-Hand-Nehmen. Aus dem Dreck ziehen, als du nicht weit davon entfernt warst, zu entgleiten, im Schlamm zu versinken. Meine Depression hast du als nicht so schlimm empfunden. Ich musste es selbst schaffen, da heraus zu kommen, sonst wäre ich untergegangen. Mich hat niemand herausgezogen. Ich habe geschafft, mich zu befreien. Genau das machst du mir zum Vorwurf: dass ich selbstbewusst aus diesem Kampf hervorgegangen bin. Die Depression besiegt habe. Vernichtet. Eliminiert. Friederike = Sieger!!
Du machst mir insgeheim zum Vorwurf, dass ich für meine Ziele kämpfe. Ich habe Ziele. Ich erwarte etwas vom Leben! Dafür kämpfe ich! Na und? Ich habe dich nach deinen Zielen gefragt. Nach deinen Träumen. Du hattest keine. Du hast nichts gesagt. Und wenn du etwas gesagt hättest … die Ziele genannt hättest, die wir gemeinsam hatten. Lago de Atitlán. Ich habe dich ernstgenommen. Du mich nicht. Und wenn du Ziele hast … es ist nicht meine Schuld, dass du dich – weg vom Kriegsjargon – nicht für deine Ziele einsetzt. Im Gegenteil: ich habe versucht, dich zu ermuntern, welche zu haben, dich dafür einzusetzen – welche mit mir gemeinsam zu haben. Nicht meine Ziele zu deinen zu machen; zu teilen! Geteilte Arbeit. Gemeinsam etwas erreichen. Spaß daran haben, gemeinsam etwas zu tun. Gemeinsam zu arbeiten, und sich hinterher freuen, etwas gemeinsam geschafft zu haben. Ich habe hingearbeitet auf diesen Moment; dabei war ich mal nahe dran, dann fiel ich wieder bis nach ganz unten durch. Ich habe mich aufgerappelt und weiter gekämpft. Für diesen einen Moment. Für diesen einen Moment, in dem wir belohnt würden, für alle Mühe und Anstrengung, für diesen einen Augenblick, in dem ich nur noch die Hand ausstrecken muss, und alle Ziele, alle Träume sind zum Greifen nah, alle Antworten auf alle Fragen. Ich habe dafür gelebt, alle Ziele mit Bravour zu erreichen. Wenn ich nur hart genug arbeite, dann bekomme ich alles, nur das Beste vom Besten. Keine Kompromisse. Dann werden wir frei sein. Frei von allem.
Du ziehst dein Ding durch. Egal, ob ich mitmache oder nicht. Mir war die Gemeinsamkeit immer am wichtigsten. WIR! Deshalb habe ich dich Ego-Tripper genannt. Du hebst Tag für Tag meine Fehler und Mängel heraus. Diese „Fehler“, diese „Mängel“, über die du lachst, über die du dich lustig machst … diese Fehler und Mängel, das sind meine Bedürfnisse, meine Wertvorstellungen, meine Ziele.
Immer und immer wieder betonst du, was mir alles nicht gelingt, mein beziehungstechnisches Versagen. Dir ist egal, wenn ich etwas nicht schaffe, wie ich aussehe, was ich mache, und vor allen Dingen WARUM die Dinge sind, wie sie sind, WARUM ich die Dinge tue, die ich tue, WARUM mir dieses und jenes wichtig ist. Du ahnst und vermutest viel, aber du weißt NICHTS!
Immer und immer wieder sagst du, ich müsse so oder so sein, du erinnerst mich permanent daran, dass ich es nicht verdiene, mit dir zusammen zu sein, dass ich jemanden wie dich an meiner Seite hätte.
Wenn ich wirklich das Elend bin, das du mir Glauben machst zu sein, dann glaube ich, müssen wir den Schlussstrich ziehen. Wenn ich wirklich so böse bin, wie du sagst, wieso gehst du dann nicht? Wieso gehst du dann nicht, bevor alles zwischen uns kaputt ist? Und wenn dem nicht so ist, wieso gehst du dann nicht nur nicht auf mich zu? Sondern wieso weist du mich sogar noch zurück, wenn ich einen oder viele Schritte auf dich zugehe? Wieso lässt du mich ins offene Messer laufen? Warum rettest DU nicht das Wenige, was von unserer Liebe noch übrig ist?
Wenn ich wirklich so schlimm bin und dir so dermaßen viel Böses tue … warum drehst und windest du dich so sehr, anstatt einfach aufzuhören, mich lächerlich zu machen und mich vorzuführen, auf dass wir in Frieden auseinander gehen mögen?!
Dir verdanke ich so viel Liebe, dass ich dir jetzt nur noch meine Resignation, meine Aufgabe schenken möchte. Ich weiß, dass du mich geliebt hast. Ich kann und möchte in dieser Form ohne Liebe nicht mehr mit dir zusammenleben. In deiner Vergebung für die Dinge, die ich dir angetan habe, möchte ich schlussendlich meinen Frieden finden. Ich rechne dir hoch an, dass du mich niemals wirklich verlassen hast. Ich rede mir nur immer ein, dass du einfach auf eine große Reise gegangen bist. Depression. Mir zu sagen, ich hätte schuld daran. Nein, das kannst du nicht bringen, und sonst auch niemand! Bis zu einem bestimmten Punkt bin ich für dich verantwortlich. Ja. Aber du bist ein erwachsener Mensch, der auch für sich selbst verantwortlich ist!!! Als solcher habe ich immer versucht, dich zu behandeln. Du selbst warst der, der angefangen hat mit „Was soll ich? Wie soll ich?“
Wenn ich sehr traurig bin, werde ich die Einsamkeit mit der Erinnerung an all die schönen Dinge füllen, die wir gemeinsam gemacht und erlebt haben. Für dich hoffe ich, dass es dich beflügeln möge, wenn ich dich gehen lasse. Ich werde lernen müssen, ohne dich zurecht zu kommen. Weiterzumachen. Aber ich werde nie aufhören zu fragen, wo unsere Liebe hin ist? Wenn ich selbstbewusst war, habe ich dich mit meiner potentiellen Stärke verschreckt. Wenn ich versucht habe, mich fallen zu lassen, bin ich auf den harten Boden der Realität geknallt. Als ich krank war, hätte ich dich gebraucht. Meine Krankheit machte mich schwach, meine Schwäche machte mich krank. Aber da war keiner … .
Auch wenn es verdammt weh tut … mir wie dir … ich habe getan, was ich konnte. Sag mir nur noch eines: fühlt es sich gut an, frei zu sein?! Irgendwo tief in dir drinnen weißt du, wie sehr ich dich vermisse. Aber dieses Wissen möchtest du nicht zulassen, sonst hättest du längst einen entscheidenden Schritt auf mich zu gemacht.
So, auch wenn es verdammt weh tut: was ich tun konnte, habe ich getan. Jetzt liegt es an dir. Immer hatte ich gedacht, ich gehöre zu dir. Ich hatte gedacht, es sei richtig, mich ganz dir alleine hinzugeben, und ich hatte gedacht, unter deinem Schutz … in deinen Armen … stark sein zu können. Ich hatte mir nichts mehr gewünscht, als in deinem Herzen zu sein.
Wenn es dich traurig macht, werde ich jetzt nichts mehr sagen. Es tut mir leid, wenn du dich nicht gut fühlst, mich so schwach und ohne Selbstvertrauen zu sehen, gerade wo du meine vermeintliche ‚Stärke‘ für deine eigene Schwäche versuchst, verantwortlich zu machen.
Nothing more to say.    Friederike - in Liebe
Ok, wenn ich mir das nochmal durchlese, dann ist das ganz schön wirr, und wenn das nicht alles ist schlüssig klingt, dann mag das daran liegen, dass ich selbst nichts mehr weiß. Ich weiß weder ein noch aus. Ich weiß nicht mehr, was ich selbst für mich will. Der Eheberater fragte gestern, wann ich das letzte Mal glücklich gewesen sei, und ich antwortete, "als ich mit Fridolin in der Schweiz war". Ohne Fred. Aber das stimmt nicht ... ganz zumindest nicht ... das letzte Mal über einen längeren Zeitraum glücklich war ich in Nepal. Beim Trekking mit Fritz. Als Fritz mir in die Augen sah. Als Fritz mich in den Arm nahm. Als ich Zuneigung, Liebe, Wärme entgegen gebracht bekam. Geschenkt. Ohne dafür auf die Knie gehen zu müssen. Allerdings hat mir da Fridolin gefehlt!!