Montag, 25. April 2011

Denken

"Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt."
 ~ Buddha (aus: Dammapada) ~

Natürlich beeinflusst die Welt, in der wir leben, unsere Gedanken. Nur liegt es am Ende an uns selbst was wir daraus machen. Schon im Talmud (zweitwichtigste Schrift des Judentums) steht geschrieben:

"Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal."

Eigentlich wollte ich einen schlauen Text schreiben, in dem ich diesem einleuchtenden Zitat Buddha's auf den Grund gehe. Erkenntnisse für mich selbst gewinne, weil es meiner Meinung nach ALLES sagt. 'Alles' in diesem Zusammenhang als Begriff, den ich nicht erklären kann. Während ich also auf die Suche nach meinen eigenen Gedanken ging, stieß ich auf das folgende Märchen, und erkannte, dass dieses Märchen für Erwachsene der Schlüssel allen Denkens ist.

Dies ist die Geschichte von einem alten Mann und einem kleinen Jungen, die vor vielen Jahren lebten. Der alte Mann hieß Sartebus und der Junge Kim. Kim war ein Waisenkind und lebte ganz für sich allein. Er zog von Dorf zu Dorf, auf der Suche nach Essen und einem Dach über dem Kopf. Doch es gab noch etwas, nach dem er suchte, etwas, das viel wichtiger war als ein voller Bauch und ein bequemes, trockenes Nachtlager - Kim suchte nach einer Einsicht. "Warum", fragte er sich, "sind wir ein Leben lang auf der Suche nach etwas, das wir nicht finden können? Warum muss alles so schwer sein? Machen wir es uns selbst schwer, oder soll es einfach so sein, dass wir uns so plagen?"

Das waren weise Gedanken für einen Jungen in Kims Alter. Doch gerade weil er so dachte, traf er auf seinem Weg eines Tages einen alten Mann, der den gleichen Weg ging, und der, so hoffte Kim, ihm vielleicht die eine Antwort geben konnte.

Der alte Mann trug auf seinem Rücken einen großen, zugedeckten, geflochtenen Korb, der sehr schwer zu sein schien, besonders für einen solch alten und müden Mann. Eines Tages machten sie Rast an einem Bach, der neben dem Weg entlangfloss. Der alte Mann stellte erschöpft seinen Korb auf den Boden. Kim hatte den Eindruck, als trage der Mann alle seine irdischen Güter in diesem einen Korb mit sich herum. Er schien so schwer zu sein, dass selbst ein viel jüngerer und stärkerer Mann ihn wahrscheinlich nicht sehr lange hätte tragen können. "Weshalb ist denn dein Korb so schwer?" fragte Kim Sartebus. "Ich würde ihn gerne für dich tragen. Schließlich bin ich jung und stark, und du bist müde." "Nein, den kannst du nicht für mich tragen", antwortete der alte Mann. "Den muss ich ganz alleine tragen." Dann fügte er hinzu: "Eines Tages wirst du deine eigenen Wege gehen und einen Korb tragen, der genauso schwer ist wie dieser hier."
Viele Tage und Wege gingen Kim und der alte Mann viele Meilen zusammen. Und obwohl Kim dem alten Sartebus viele Fragen darüber, warum Menschen sich so plagen müssen, stellte, bekam er keine Antworten. So sehr er sich auch bemühte, er konnte nicht herausfinden, was für ein schwerer Schatz sich wohl in dem Korb befand, den der alte Mann mit sich führte

Spät in der Nacht, am Ende ihrer langen Tagesreise lag Kim manchmal still da und tat so, als schliefe er. Er lauschte dem alten Mann, der im flackernden Licht des kleinen Feuers in seinem Korb kramte und leise mit sich selbst redete. Doch am nächsten Morgen sagte er, wie immer, kein Wort.

Erst als Sartebus nicht mehr weitergehen konnte und sich ein letztes Mal zur Ruhe legte, erzählte er dem jungen Kim sein Geheimnis. Während der letzten gemeinsamen Stunden gab er Kim nicht nur die Antwort darauf, was es mit dem Korb auf sich hatte, sondern auch, warum die Menschen sich so plagen.

"In diesem Korb", sagte Sartebus, "sind all die Dinge, die ich von mir selbst glaubte und die nicht stimmten. Es sind die Steine, die meine Reise erschwerten. Auf meinem Rücken habe ich die Last jedes Kieselsteines des Zweifels, jedes Sandkorns der Unsicherheit und jedes Mühlsteines des Irrweges getragen, die ich im Laufe meines Lebens gesammelt habe. Ohne sie hätte ich so viel weiter gehen können. Ich hätte die Träume verwirklichen können, die ich mir so oft ausgemalt habe. Aber mit Ihnen bin ich hier am Ende meiner Reise angelangt".

Ohne die geflochtenen Kordeln zu öffnen, mit denen der Korb an ihm festgebunden war, schloss der alte Mann die Augen und schlief ruhig zum letzten Mal ein.

Bevor Kim in jener Nacht selbst schlafen ging, löste er jede der Kordeln, die den Korb an den alten Mann banden und stellte den Korb vorsichtig auf den Boden. Danach löste er genauso vorsichtig die Lederriemen, die den geflochtenen Deckel festgehalten hatten, und öffnete den Korb. Vielleicht, weil er nach einer Antwort auf seine Frage gesucht hatte, war er überhaupt nicht erstaunt darüber, was er in dem Korb vorfand. Der Korb, der den alten Sartebus so lange niedergedrückt hatte, war leer.

Quelle: PAL-Verlag

Während ich das lese, kommen mir fast die Tränen, weil es einfach so wahr ist, so echt, so authentisch. Dieses Märchen macht jeden psychologischen Erklärungsversuch schlicht und einfach überflüssig, weil er inmitten meiner Welt voll Fragen ANTWORTEN gibt. Dennoch ... ich muss es noch mehrere Male lesen, bevor sich mir der Sinn in seiner Vollkommenheit erschließt.

Und übrigens, Fred, weil du mir immer Subjektivität zum Vorwurf machst, was eigentlich lächerlich ist. Denn könnte ich aus meinem Körper heraus, wäre ich Buddha, Gott und was weiß ich wer. Das kann ich mir niemals anmaßen. "Jede Wertung ist immer subjektiv und bedarf eines Bezugsrahmens, der ebenfalss subjektiv ist. Jede Bewertung ist vom Standpunkt und Blickwinkels des Betrachters abhängig und daher auf ihn bezogen immer richtig!" (Rüdiger Dahlke - Krankheit als Weg).

Nachdenkliche Grüße,
Friederike Fröhlich