Dienstag, 22. März 2011

Oh Freud!

Liebes Lesevolk,

Gestern feierten wir Fred's Geburtstag mit einem 6-Gänge-Menü, was bedeutete, dass wir sage und schreibe 12 Stunden gekocht haben (ohne Pause!), 2 Stunden eingekauft (netterweise gab's alle Zutaten im gleichen Geschäft) und 3 Stunden gegessen haben. Essen schmeckte leckerst, Fred hat sich gefreut und das Süßeste war Fridolin, der den Kellner spielte. Er servierte was immer er konnte (außer die Suppe) und sagte vor jedem einzelnen Gericht: "Jetzt kommt der nächste Gang: wir haben eine Gemüse-Frittata mit Oliven und Hummus gekocht!" Das Beste kam zum Schluss (da hat er sich am meisten drauf gefreut, vor allen weil nicht klar war, ob's klappen würde): "Als krönenden Abschluss gibt es jetzt doch keine Vanillesauce mit Waffeln und heißen Himbeeren, weil das mit dem Eis nämlich doch geklappt hat!" Ich finde nicht nur seine Denkleistung enorm, sondern diese Ausdrucksweise den Hammer! Und das von einem gerade mal noch-nicht-ganz-Vierjährigen! Muss ich erwähnen, dass ich abends tot ins Bett fiel?! Also Koch wäre definitiv kein Beruf für mich! Ewig Laufen ja, kein Problem ... sieben Stunden Trekking im Himalaya? No Problem! Aber in der Küche STEHEN und dann mal nen Schritt links und nen Schritt rechts, vielleicht mal in den Keller, um Zutaten zu holen - ne danke!

Heute feiere ich den ersten Jahrestag mit Fritz. Ja, an Fred's letztem Geburtstag war ich in Nepal. Er alleine mit Fridolin. Auch im Urlaub.

Ich blicke zurück auf ein Jahr voll von wenigen, und kleinen 'Ups' und vielen gewaltigen 'Downs'. 

Ob ich stolz darauf bin? - Nein!
Ob sich das gut anfühlt? - Jein!
Ob ich ein schlechtes Gewissen habe? - Ja!

Vor zweieinhalb Stunden sind wir nun in den Keller gegangen. Wir, das sind Sigmund und ich. Entrümpeln. Irgendwie war mein Plan immer, von oben nach unten zu arbeiten, also im Dachstudio anzufangen, mit dem Keller aufzuhören, denn wenn man putzt und räumt, dann wirbelt das gewaltig Dreck auf, der nach unten fällt, und man unten dann wieder saubermachen muss - Effizienz ist einer meiner vielen Vornamen. Effizienz entspringt der Faulheit. Bei mir zumindest. Zu faul, mich mit doofen Dingen allzu oft beschäftigen zu müssen, also mache ich es lieber gleich gescheit. Dass das so aber nix wird - von oben nach unten - hat mich die Vergangenheit gelehrt. Und Sigmund Freud mit seiner Keller-Psychoanalyse. Wenn man ein Haus baut, beginnt man schließlich nicht mit dem Dach, sondern mit dem Fundament. Logisch. Signifikant. Hahaha. Während ich das schreibe, muss ich lachen. Erkenntnis, bevor ich überhaupt angefangen habe zu erzählen, was ich EIGENTLICH hier posten wollte. Erkenntnis für Fred. Nur müsste er sie auch mal verstehen. Aber vielleicht fange ich jetzt doch lieber von vorne an ... .
Also im Keller ... erst einmal habe ich damit angefangen, den Kellerflur zu entrümpeln - Hundezubehör und -Knochen, -futter etc etc braucht sowieso keiner mehr. Tummy Tub, Babybadewanne, Babytrage. Braucht auch keiner mehr. Dann kann ich's gleich verhökern, dann habe ich erstens weniger Ballast, zweitens wieder bisschen mehr Geld auf dem Konto, drittens mehr Platz im Keller. Fred wird sich freuen, wenn er die Garage aufmacht. Mir doch scheißegal. Freut mich, wenn er sich freut. :-))))
Aber das macht mich alles so dermaßen stinksauer!!! Erstens der Umgang mit Dingen, die Geld kosten, zweitens die Ordnung. Fred ist permanent dabei, mich zu kritisieren, dass ich oberflächlich nichts auf die Reihe kriege. Klar. Daraus mache ich keinen Hehl. Ich kriege nichts gebacken. Außer vielleicht Fridolin's Erziehung. Naja, kochen kann ich auch ganz gut. Er immer mit seiner 'guten Stimmung'! Schön, wenn die Oberfläche 'passt'. Schön blöd, wenn es aber an der Basis an allen Ecken und Enden kracht. Oder bin ICH mit meinen Bedürfnissen in irgendeinem Punkt weiter gekommen?!

Ich bin immernoch fett, Fred checkt immernoch nicht, dass Binge Eating Disorder eine KRANKHEIT ist, dass es reichlich blöd ist, ständig Tiramisu zu machen und mir davon anzubieten, mir Pepsi mitzubringen und und und. Nein, er zwingt mich nicht, das zu essen. Das tue ich schon selbst.
Ich habe Fred um Hilfe angefleht und gebettelt und gebeten und kam mir dabei vor wie der letzte Trottel-Depp, mein Zimmer aufzuräumen.
Ich schlafe immernoch im Dachstudio, er im Schlafzimmer.
Unser Garten sieht aus wie der letzte Assi-Garten.
Ich habe immernoch keinen Hund. Und keine Katzen.
Ich habe immernoch kein zweites Kind. Also Fritz will ja ... . Ich glaube, er wäre auch ein prima Papi für sein Kind. Er wünscht sich das sehnlichst, weil er dann mit mir und seinem Kind bergsteigen gehen kann.
Ich habe immernoch kein gemeinsames Hobby mit Fred bzw Fred macht immernoch nix mit mir. Fritz will mich auf alle seine Trekking-Touren mitnehmen und ansonsten immer mit mir alles machen. :-))
Am kulturellen Leben in der Stadt nehme ich mit meinem noch-dreijährigen Sohn teil. Hahaha. Ersatz-Befriedigung. Praktischerweise erübrigt sich dabei der Babysitter, Fred braucht keinen, wenn ich mit Fridolin weggehe. Zynismus.
Der Nistkasten ist noch immer nicht aufgehängt.

Ha: ich habe keine Lust mehr, Gefühle in eine Beziehung zu investieren, von der ich nicht mal im Ansatz weiß, ob jemals irgendwas dabei für mich rausspringen wird. Ich rede jetzt nicht von materiellen Dingen. Kalkül? Ja! Ich mag mich nicht mehr benutzen lassen. Fred kommt anscheinend auf seine Kosten. Ich nicht. Kann ich zu 100% ausschließen, dass Fritz mich benutzt? Nein. Konnte ich das bei Fred? Ich dachte. Denken heißt nicht wissen.

Diese verfluchten Abhängigkeiten. Partnerschaft bedeutet Abhängigkeit, Verantwortung. Meine Möglichkeiten, etwas für Fridolin zu erreichen:
Fred begründet und fordert immer und immer 'Zeit'. Nur: wenn ich ihn einfach 'machen lasse', dann macht er 'irgendwas'. Ohne Absprache. Ob das dann wichtige Dinge sind?! Öhm, nö. Putzen. Putzen. Putzen. (Und noch nicht mal gescheit).

Spreche ich verschiedene Dinge an, dann kriege ich mit Sicherheit eins auf den Deckel, und entweder wird's dann mit großem Aber und Meckern gemacht, so dass mir sämtliche Lust vergeht (aka massiv an Wert verliert), oder es wird auch nicht gemacht.

Einfach mein Ding machen. Dann bekomme ich zu hören (unter anderem von Herrn Fischkopf, unserem letzten Eheberater), dass ich mich ja nicht wundern muss, dass Fred immer dagegen ist, wenn ich ihn ja immer überrumple. Schlechter Witz, das alles.

Loneliss is tough. The toughest role I've ever played.

So, Sigmund ruft nach mir.

Schrottmist!
Friederike Fröhlich