Samstag, 14. Juli 2012

Fließen lassen



"Ruhig sein - dem Strom der Zeit die rechte Richtung geben."
Han Fei Dzi



Eigentlich wollte ich hier grade schreiben, was mich so bewegt ... fließen lassen. So viel in mir drin, was durch mich hindurch fließen möchte.


 
Der gestrige Abend ... ich bin immernoch geflasht. Richtig schön und supertoll. Hannes hat mich zum Essen eingeladen - indisch, yumm-yumm! Wenngleich das Essen nicht mehr so toll war wie die letzten Mal, als ich dort bestellt habe.
Danach haben wir am Strand gelegen und Caipi getrunken. Genial. Bis es angefangen hat zu regnen und wir gehen mussten.
Endlich mal wieder ZWEISAMKEIT, Knutscherei und so, festhalten. Flash 1.
Ich habe ihm das mit meiner Mutter erzählt. Flash 2.
Dann hat er mich nach Hause gefahren, und ich habe ihn nach nur 10 Minuten schon so richtig doll vermisst. Flash 3. :-(((
Jetzt vorhin habe ich ihm eine Mail geschickt mit Gedanken, die mir so durch den Kopf gehen. I think I got it right this time. Ich glaube, ich mache zur Abwechslung mal was richtig.


Lieber Hannes,
vielleicht kann ich mich manchmal 'schriftlich' besser ausdrücken als 1:1 und live, keine Ahnung, weiß nicht. Ich versuch's einfach mal, weil ich weiß, dass die nächsten Wochen hart werden. In allererster Linie für dich, aber auch für uns und mich. I love you, you know? Deshalb fühle ich mit, wenn's dir nicht gut geht. Aber du brauchst auch gar nicht stark spielen, nicht für mich, nicht mit mir. Bitte. Ich möchte dir sagen, dass ich sowieso da bin für dich, aber die nächsten Wochen erst recht. Ich bin immer für dich da, immer. Egal ob als Freundin oder als Freundin. Ich versuche auch, stark zu sein/bleiben ... wie auch immer. Wenn du in bestimmten Momentan alleine sein willst, ist das ok, ich verstehe das. Ich bin mir bewusst, dass das, was du durch machst und durch machen wirst, ganz bestimmt kein Zuckerschlecken ist. Und ich werde zurückstecken, wo nötig, da sein, wenn du jemanden/mich (?) brauchst.
Nur bitte ... gib' mir irgendeinen Lichtblick. Wenn ich weiß, das nächste halbe Jahr (im übertragenen Sinn) geht's nicht, ist das leichter zu ertragen, wenn ich eine Aussicht habe, wann es geht. Was, worauf ich mich freuen kann. Ich hab dich doch lieb und du bist mir alles andere als egal, deshalb.
Und bitte ... bitte bitte bitte: sprich mit mir! Sag mir, wie's dir geht. Per SMS, Mail, Telefon, Rauchzeichen, wie auch immer. Das erleichtert auch mir die Sache ungemein. Wenn ich weiß, was Sache ist, kann auch ich viel leichter mit allem umgehen. Ungewissheit und Nichtwissen machen mich arg unsicher, dann geht es mir richtig richtig schlecht, weil ich in bestimmten Dingen erst lernen muss, mich abzugrenzen. Wenn ich nicht weiß, was los ist, geht mein Gedankenkarussell los, und ich bin nicht mehr fähig, irgendwas zu machen. Dann überlege ich bis zur Verzweiflung, was ich falsch gemacht habe. Und dann fange ich an mich selbst in Frage zu stellen und alles andere, und dumme Dinge zu machen. Dinge, die ich eigentlich gar nicht machen will. Und vermutlich dir auf den Geist zu gehen. Aber nicht, weil ich tatsächlich irgendwas in Frage stelle, nicht weil ich will. Sondern aus Angst, Panik, Verzweiflung. Reden. Reden hilft immer. Reden hilft gegen die Angst. Und wenn's nur ist, "ich mag grade nicht reden, weil's mir nicht gut geht/blabla/brauche Zeit für mich." Wenn ich weiß, kann ich auch besser für dich da sein.
Das mit 'Zeit für sich alleine brauchen' kann ich im Übrigen mehr als verstehen. Brauche ich auch viel. Das hat mich schon oft genug zum Außenseiter gemacht, weil irgendwie niemand so richtig versteht, dass ich nicht nur von irgendjemandem umgeben sein möchte, sondern auch Zeit zum Überlegen brauche und gerne alleine was mit mir selbst mache.
So, kein Drama grade. Nach gestern geht's mir richtig gut. Mir ist bloß wichtig, dass du das weißt!
Klein-Friederike lernt dazu. Klein-Friederike wird erwachsen, bisschen. ;-)
Wir schaffen das, zusammen!
Ich liebe dich. Nicht eben mal so, sondern richtig.
Friederike
 
 
Ich denke, damit habe ich alles gesagt, was mir wichtig ist. Dass nichts zwischen uns steht, dass ich für ihn da bin, aber auch, dass ich mich nicht selbst aufgegebe, dass ich Hilfe brauche, und welche Bedürfnisse ich konkret habe. Ja, ich möchte verstanden werden. Ja, ich wünsche mir, dass sich jemand dafür interessiert, warum ich bin, wie ich bin. Ohne Mitleidsschiene. Ich will kein Mitleid. Wozu auch. Die Dinge sind, wie sie sind - Punkt. Dann habe ich Hannes eine SMS geschickt, dass ich eine Mail geschickt habe ... und er hat sofort angerufen, um sich zu bedanken, um zu reden. Genau richtig. Meine Mail. Alles gut zwischen uns. Mir war bloß wichtig, das ausgedrückt zu haben, bevor der Stress die nächsten Wochen massiv wird. Seine Nochfrau zieht in zwei Wochen aus ihrer gemeinsamen Wohnung aus und nimmt sein Kind mit.
Schon krass ... andere Paare schweben zu Anfang auf Wolke 7, und fallen dann aus allen Wolken (Mann, ich bin ganz schön stolz auf dieses Wortspiel), wenn sie auf den harten Boden der Realität fallen. Wir fangen mit großen Problemen an, und führen unser Schiff Stück für Stück in ein ruhigeres Fahrwasser (hoffentlich - ganz bestimmt).
 
 
So, nun hat auch Frida noch eine SMS geschickt, weil ja morgen das Konzert ist, zu dem sie Fridolin und mir Karten geschenkt hat. Dass ich wenigstens Fridolin dort hingehen lasse. Oder dass Fridolin und ich alleine gehen. Ich habe nur zurück geschrieben, dass ich überlegen muss. Auch diese Antwort ist richtig. Punkt.
 
 
Ich mach' mein Ding.
 
 
Kleiner Wermutstropfen nur, ich war gerade mitten im Gedankenfluss gewesen, als Hannes angerufen hat. Mir wäre auch wichtig gewesen, meine Gedanken zu Ende zu denken, aber es war schon auch gut, dass wir geredet haben. Ich kann ja noch jetzt weiter denken. "Ich zieh' mein Hut" in der Dauerrotation.
 
 
Du ... hast mich niemals beschimpft. Du hast mich niemals mit den Füßen getreten. Du hast mich niemals ausgebuht. Du hast mich niemals fertig gemacht. Du warst nicht anwesend, du bist es nicht, du wirst es niemals sein. Wir haben nie miteinander geredet. Ich kenne deine Stimme nicht. Aber ich habe dich lachen gesehen.

Früher habe ich oft überlegt, ob Frida mich vielleicht angelogen hat. Dass du vielleicht abgehauen bist, und irgendwo ein neues Leben angefangen hast. Bananenfrachtschiff. Südsee. Insel. Palmen. Kokosnüsse. Aber ich habe deine Sterbeurkunde gesehen. Ich habe deinen Tod in den Händen gehalten. Ich weiß genau, an welcher Stelle du deinen Abschiedsbrief geschrieben hast. Ich war 1000 Mal dort, ohne das gewusst zu haben. Ich weiß, wie du gestorben ist. Aber: ich weiß nicht, warum. Und ich weiß nicht mal wo.

Vielleicht muss man manchmal komplett loslassen von Allem, auch von seinem Leben, um da zu sein, um anzukommen - wo auch immer. Du bist mein Schutzengel. Nicht, weil es mit Frida grade mal wieder besonders hart ist. Weil ich immer viel an dich denke. I love you, Daddy! Ich habe dir längst verziehen, auch wenn's hart ist. Auf eine besondere Weise bist du immer bei mir. Auf eine besondere Weise warst du immer für mich da.

Nächstes Jahr möchte ich mit Fridolin alleine nach San Francisco. Zu dir. Road trip. Deutschland - Chicago. Und von dort mit Amtrak, Greyhound und Mietauto zu dir. South Dakota auf dem Weg. Mt. Rushmore. Oder irgendwie so.

Ich mach' mein Ding - immer und immer wieder.
 
 
Hasta siempre,
Friederike